Das Elbjazz-Festival war für mich in den letzten Jahren aufgrund seiner musikalischen Ausrichtung eher eine Randerscheinung. Bei dem diesjährigen Line Up konnte ich allerdings nicht widerstehen.
Ich würde ja von mir behaupten, an einem breiten musikalischen Spektrum interessiert zu sein. Allerdings ist Jazz immer so eine Nische gewesen, in der ich mich eher selten umgeschaut habe. Dementsprechend habe ich auch das Elbjazz Festival immer nur am Rande mitbekommen – obwohl es direkt in meiner Nachbarschaft, in Hamburg-Wilhelmsburg stattfindet.
In diesem Jahr allerdings schienen die Booker neue Zielgruppen erschließen zu wollen. Mit Jungle und Faithless als Headlinern, sowie weiteren tollen Acts wie The Streets, L’Imperatrice oder Belle & Sebastian in der zweiten Reihe bewies das Booking-Team Mut, indem es sich von seinen klassischen Wurzeln zu lösen versuchte.
Wie viele andere aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis packte auch mich bei diesem Programm die Neugierde, sodass ich an diesem grauen Wochenende Anfang Juni beim Elbjazz vorbeischaute. Schon die Festival-Area ist hier etwas ganz Besonderes, befindet sie sich doch auf dem Blohm & Voss-Gelände, das normalerweise für Normalsterbliche nicht zugänglich ist. Ein weiterer Teil des Festivals spielt nördlich der Elbe ab: In der Elbphilharmonie und einer kleinen Bühne davor. Aus logistischen Gründen (und weil das Programm auf dem Hauptgelände ohnehin prall gefüllt war) zog ich es jedoch vor, im Süden der Stadt zu bleiben.
An diesem Wochenende standen hier also die beiden abwechselnd bespielten Hauptbühnen, eine Schiffbauhalle sowie ein Jazztruck bereit, die für das abwechslungsreiche Line Up vom Elbjazz reserviert war. Die alteingesessenen Elbjazz-Besucherinnen und Besucher kamen trotzdem auf ihre Kosten, indem ganz formidable Jazz-Acts in eine Indoor-Location gebucht wurden.
Die musikalische Neuausrichtung des Festivals schien Früchte zu tragen: Während in den Kommentarspalten vereinzelt enttäusche Stimmen der eingefleischten Jazzfans laut wurden, die sich etwas vernachlässigt fühlten, sprechen die Ticketzahlen für sich. Über 20000 Menschen fanden sich an diesem verregneten Juni-Wochenende – mitnichten das beste Wetter für Open Air-Konzerte – auf dem Festival-Gelände an.
Trotzdem hat es sich nie überfüllt angefühlt. Während es bei den Hauptbühnen ein Leichtes war, kurz vor Konzertbeginn in die vorderen Reihen zu huschen, gab es in der Schiffbauhalle ab und an den Einlassstopp zu vermelden. Ausgerechnet, als ich mir dann doch mal ein paar klassische Jazz-Formationen anschauen wollte. Ausgerechnet als ich mir dort ein paar klassische Jazz-Formationen anschauen wollte… Glücklicherweise wurden die Indoor-Konzerte auf einer großen Leinwand übertragen.
Die Stimmung im Publikum war grandios und die Auftritte der Bands fantastisch und tanzbar. Von großen Stimmen wie der von Asaf Avidan bis hin zu modernen Discosounds à la L’Imperatrice, von croonigen Balladen der Band Warhaus bis hin zu einer wilden Reise durch die elektronische Musik Großbritanniens der letzten Jahrzehnte, auf die uns Faithless mitgenommen haben – das Elbjazz Festival 2024 bot weit mehr, als der Name vermuten ließ.
Man darf also jetzt schon gespannt sein, wie das Line-Up im nächsten Jahr aussieht. Ich zumindest beobachte die weitere Entwicklung des Festivals mit großem Interesse. Für Hamburg-Wilhelmsburg ist dieses Event jedenfalls definitiv ein Segen.
Tickets für die 2025er Ausgabe gibt es übrigens jetzt schon auf der offiziellen Webseite.