In diesem Jahr konnte ich das Best Kept Secret Festival nur an zwei von drei Festivaltagen besuchen. Trotzdem hat sich die lange Anfahrt in die Niederlande wieder mal gelohnt. Besser als hier kann ein Start in die Festivalsaison wohl kaum laufen.
Seit einiger Zeit freue ich mich, wenn ich meine „Stammfestivals“ ein wenig abschüttele und unbekanntes Terrain betrete. Das Best Kept Secret war im letzten Jahr so eine Veranstaltung, bei der ich aufgehorcht habe: Neugierig gemacht hat mich das wunderbare Line Up, vor Ort hat mich dann schließlich die angenehme, grüne und werbefreie Atmosphäre überzeugt.
Nachdem das Best Kept Secret Festival auch in diesem Jahr wieder mit fantastischen Bands lockt, steht für mich schnell fest, den langen Anfahrtsweg erneut in Kauf zu nehmen. Und, um es vorweg zu nehmen: Es sorgt erneut für ein verdammt gutes Wochenende. Es kann nur für das Festival sprechen, dass man sich schon nach wenigen Minuten auf dem Campingplatz wie im Urlaub fühlt. Das Wetter ist erneut bombastisch, der Campingplatz mit kühlenden Bäumen bestückt und das Publikum pilgert schon 13 Uhr in Strömen zum Gelände. Hier hat man einfach Bock auf Musik.
Im Vergleich zum Vorjahr entdecke ich einige Neuerungen auf dem Gelände, die alle zugunsten der Atmosphäre ausfallen: Die zusätzliche Open-Air-Bühne – mittlerweile sind es sieben – erweitert das musikalische Angebot eher, als das man vom Programm erschlagen werden würde. So finden wir stets genug Zeit, um am Strand oder einen der zahlreichen kleinen, feinen, versteckten Plätze die Seele baumeln zu lassen. Lärm und Stress wirken hier meilenweit entfernt – auch wenn so manche Band die Gemütlichkeit in Ekstase zu verwandeln weiß.
Denn so entspannt es abseits der Bühnen ist, so wild geht es während mancher Konzerte zu. Beinahe alle Auftritte, die ich an diesem verkürzten Wochenende sehe, überzeugen auf ganzer Länge. Highlights zu benennen fällt schwer, aber mit Superlativen kann wohl geholfen werfen: Kraftwerk (in 3D!) sind trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch immer unglaublich laut. Das Wiedersehen mit den Raconteurs nach rund zehn Jahren sorgt für unfassbare Euphorie im Publikum. Die Stimmung bei Lizzo ist unbeschreiblich gut, sodass auch in der allerletzten Reihe noch getanzt wird.
Abgesehen davon gibt es auch unter den kleineren Acts einiges zu entdecken. Im Gedächtnis bleiben mir da Giant Swan, die mit feinstem Ballertechno die kleine Stage Seven in eine Sauna verwandeln. Oder Aldous Harding, die in völlig in sich ruhend und mit leicht verstörendem Blick ihre Songs vorträgt. Oder Indian Askin, die mit ihrem Rock’n’Roll im Stil von Bonaparte die müden Glieder am zeitigen Sonntagnachmittag wachrütteln.
Am Sonntagabend bedauere ich ein wenig, dass alles schon wieder vorbei ist. Schwierig, die Essenz des Festivals in nur 48 Stunden aufzusaugen und genießen. Und alle Winkel des Festivalgeländes habe ich sicher auch noch nicht entdeckt. Umso mehr freue ich mich, dass ich jetzt schon einen festen Termin für 2020 habe. Dann hoffentlich wieder für alle drei Tage.
Moment mal, habe ich mich am Anfang des Artikels nicht noch gefreut, bislang unbekannte Festivals zu entdecken? Nun, das Best Kept Secret ist auf dem besten Wege, sich als Stammfestival zu etablieren. Was soll ich sagen, es fühlt sich verdammt gut an.