Der Mount Kinabalu ist mit 4.095 Metern der höchste Berg in Südostasien und ein heißersehntes Ziel für Wanderer und Bergsteiger aus der ganzen Welt. Doch ehe man in den Genuss der Höhenluft kommt, gilt es einiges an Vorarbeit für die Besteigung zu leisten…
Die Rede ist nicht etwa von Fitnesstraining, sondern von bürokratischen Notwendigkeiten. Aber der Reihe nach: Der Mt. Kinabalu befindet sich im Kinabalu Nationalpark – ein UNESCO-Weltnaturerbe im Bundesstaat Sabah, im malaysischen Teil von Borneo.
Größere Städte in der Nähe wie Tawau oder Kota Kinabalu werden regelmäßig angeflogen – aber bereits hier sollte beachtet werden, dass bei der Einreise nach Borneo ein Rückflugticket am Schalter vorgezeigt werden muss, sonst schaut man am Flugtag reichlich blöd aus der Wäsche. Onward-Ticket-Serviceseiten können hier helfen – wie das funktioniert, wird beispielsweise hier erklärt.
Täglich geöffnet für 163 Wanderer
Damit hört die Vorausplanung aber noch lange nicht auf. Der Aufstieg zum Mt. Kinabalu ist streng limitiert und jeden Tag werden nur 163 Permits vergeben, die an Übernachtungen in Gasthäusern gekoppelt sind. Diese Übernachtungen kurz vor dem Gipfel sind verpflichtend, da die Wanderung mindestens zwei Tage benötigt. Weil sich die Betten trotz stolzer Preise rasend schnell verkaufen, sollte man die Buchung lieber Wochen – oder besser Monate – im Voraus vornehmen!
Da die Auswahl an Unterkünften dort oben nicht allzu groß ist, landet man als internationaler Tourist früher oder später beim Laban Rata Gasthaus. Hinter dem Link sieht man auch die Verfügbarkeit und die Preise. Ja, ihr verguckt euch nicht: Umgerechnet 250 Euro sollte man übrig haben für eine Nacht, drei wirklich gute Mahlzeiten und die Reservierung für eines der heißbegehrten Permits.
Das Permit selbst ist damit allerdings noch nicht bezahlt. Das macht man dann am Tag des Aufstiegs am Eingang des Nationalparks – zusammen mit dem Eintrittspreis für den Park, den Kosten für einen Guide (ein Guide für 1-5 Personen verpflichtend) und eine Conservation Fee. All in all kommen hier noch mal umgerechnet rund 150 Euro dazu, die in Cash bezahlt werden müssen. Generell hat der Park 2023 ordentlich an der Preisschraube gedreht, wie man hier erkennen kann:
Jepp, die Vorplanung ist nicht nur stressig, sondern auch teuer. Wer wenigstens den Stress-Faktor nicht haben möchte, kann auf der offiziellen Seite vom Mt. Kinabalu ein all-in-one-Paket bestellen, was je nach Reisezeit und Personenanzahl 420 bis 650 Euro kostet. Doch auch hier gilt: Man muss entweder Glück haben, dass es am gewünschten Tag freie Slots gibt oder mit enormer Vorlaufzeit planen.
Das einzige, was jetzt noch für die Besteigung des Mt. Kinabalu fehlt, ist eine Unterkunft in der Nähe des Nationalparks, damit man zum Tag der Besteigung pünktlich nach Sonnenaufgang auf der Matte steht. Entlang der Straße 22 gibt es einige Unterkünfte, auch auf den einschlägigen Buchungsportalen wird man fündig. Ich hatte gute Erfahrungen mit dem Ayana Holiday Resort. Dort gibt es alles, was man braucht, um in der Nacht zuvor Kräfte zu sammeln und Akkus zu laden. Und das Restaurant in kurzer Laufweite bergauf ist hervorragend!
Dann kanns ja losgehen!
Nachdem man sich in der nächstgrößeren Stadt mit dem Notwendigsten eingedeckt und genug Bargeld abgeholt hat, geht es immer bergauf, in Richtung Nationalpark (konkrete Infos zur Anfahrt am Ende des Beitrags). Wahrscheinlich bleibt nach der Ankunft gar nicht viel Zeit vom Abend übrig – schließlich sollte man am nächsten Tag pünktlich zur Öffnung am Eingang des Parks sein, um alle restlichen Gebühren zu bezahlen, den Guide kennenzulernen und sich mit der Route vertraut zu machen.
Der offizielle Startpunkt für die Besteigung des Mt. Kinabalu ist das Timpohon Gate, rund sechs Kilometer vom Eingang des Nationalparks entfernt. Der motorisierte Transfer (35 Ringgit/ 7.30 € return im letzten Jahr) dort hin ist freiwillig, aber ich empfehle ihn wahrzunehmen. Schließlich ist man im Laufe des weiteres Tages genug auf den Beinen.
Die Gesamtstrecke führt durch eine Vielzahl von Landschaften, von Dschungelgebieten bis hin zu alpinen Regionen mit Granitfelsen und Moos bedeckten Böden und ist – so viel kann ich schon mal verraten – kein Zuckerschlecken. Wanderer müssen auch auf plötzliche Wetterumschwünge vorbereitet sein, da das Wetter in den Bergen unberechenbar sein kann. Aber besonders der immer wieder vorbeiziehende Nebel macht die ersten paar Kilometer so fesselnd.
Die zahlreichen Pausenhütten entlang der Strecke sollten auf jeden Fall wahrgenommen werden, um zu Verschnaufen. Schließlich geht es konstant bergauf, über tausende, teils menschgemachte, teils natürliche Stufen. Nach einiger Zeit kommen einem dann auch die ersten Wanderer entgegen, die wieder auf dem Rückweg sind. Erlösende High Fives und ein kleiner Erfahrungsaustausch tun ganz gut, wenn man noch nicht genau weiß, was einem weiter oben so erwartet.
Wenn man dann am Nachmittag im Base Camp namens Panabalan angekommen ist, wird man mit einem unglaublichen Blick auf die umliegenden Berge belohnt – sofern das Wetter mitspielt. Endlich Zeit, um etwas zur Ruhe zu kommen, die obligatorische Unterkunft zu beziehen und die Wolkenzüge zu beobachten, während die Sonne sich langsam verabschiedet. Nach einem hervorragenden Abendessen, ist die Nachtruhe nur von kurzer Dauer: Um 1 Uhr muss man schon wieder aus den Federn, um das üppiges Frühstück einzuverleiben, die Taschenlampe zu checken und sich für die letzten 2.5 Kilometer bis zum Gipfel vorzubereiten. Gegen 2 Uhr Nachts ist es dann so weit.
Der zweite Teil des Aufstiegs ist deutlich anspruchsvoller als der erste. Die ohnehin schon karge Vegetation nimmt schnell ab, sodass der Weg zum Gipfel bald nur noch aus einer steilen Felswand besteht. Weil mit zunehmender Höhe der Sauerstoffgehalt immer weiter abnimmt, kann es mitunter reichlich anstrengend werden. Hier ist ein guter Guide, der das Tempo vorgibt, wirklich Gold (oder eben 350 Ringgit) wert.
Auch wenn man bei der Kälte in diesen Höhenlagen immer in Bewegung bleiben sollte, lohnt es sich, ab und an kurz inne zu halten, um sich den Sternenhimmel anzuschauen oder einen Blick nach unten zu wagen, um die nicht enden wollende Lichterschlange der Wandernden im Dunkel zu beobachten. Extrem surreal.
Der Gipfel, kurioserweise, Low’s Peak genannt, kommt nach einem letzten Checkpoint schnell in Sichtweite, doch der letzte Teil hat es noch einmal in sich und besteht aus nackten, steilen Felsen, bei denen man teilweise auch die Arme einsetzen muss.
Aber die Belohnung für die Anstrengungen ist der zauberhafte Ausblick auf den Gipfel des Mount Kinabalu und die umliegende Landschaft. Mit Glück kann man die gesamte Küste von Nordost-Borneo, einschließlich dem Lichtermeer von Kota Kinabalu, sehen.
Wenn alles nach Plan läuft, sollte man nach rund drei aufregenden und kräftezehrenden Stunden kurz vor dem Sonnenaufgang am Gipfel vom Mt. Kinabalu angekommen sein. Die etwas Schnelleren werden hier mit Platz auf der Kuppe belohnt, denn im Laufe des Morgens kann es ordentlich voll werden, wenn sich dort rund 150 Menschen auf einmal tummeln.
Je nach Tempo kann man oben also in Ruhe die Aussicht genießen, überprüfen, ob man die eigenen Beine noch spürt…oder sich bereit für den Abstieg zu machen.
Besonders beim Weg nach unten ist man geneigt, alle paar Meter stehen zu bleiben, um die absolut atemberaubende Sicht zu genießen, die man während des Aufstiegs im Dunkeln gar nicht so richtig mitbekommen hat. Wir hatten zusätzlich extremes Glück mit dem Wetter, sodass Wolken nur sehr selten die Sicht versperrten. Ein letztes Mal noch kann man sich im Gästehaus den Bauch vollschlagen, bevor es am zeitigen Vormittag wieder zurück zum Nationalparkeingang geht.
Mir persönlich haben die letzten fünf Stunden noch mal alles abverlangt. Nach zwei Dritteln der Zeit konnte ich keine Stufe mehr sehen, geschweige denn ein Wort mit den hochmotivierten Wandergrüppchen austauschen, die mir entgegen kamen. Ich war froh, dass immerhin das Wetter bis zu meiner Ankunft am Nationalparkeingang stabil blieb. Die Beine haben allerdings für einige Tage gestreikt!
Wer etwas mehr Zeit hat, kann noch eine weitere Nacht in der Nähe des Nationalparks verbringen und am selben Nachmittag noch entspannt die heißen Quellen in der Nähe in Anspruch nehmen. Am Vormittag des Folgetages hat man dann die besten Chancen für einen Transfer in die nächstgrößeren Städte.
Ich hoffe, ich konnte mit dem Text allen weiterhelfen, die (so wie ich) zunächst etwas erschlagen sind von der Fülle an Informationen, Preisen und Vorplanungen die für die Besteigung des Mt. Kinabalu notwendig sind. Allen die trotz des hohen Preises und Aufwands jetzt immer noch motiviert sind, den Gipfel zu erklimmen: Viel Spaß! Der Trip lohnt sich und ist absolut unvergesslich.
Wer neugierig ist, kann den Weg zum Gipfel übrigens auf Google Street View nachvollziehen.
Anfahrt: Von Kota Kinabalu, der Hauptstadt von Sabah, fahren regelmäßig Minibusse und Sammeltaxen nach Ranau und halten auf Wunsch am Nationalpark. Der Busbahnhof namens Bandaran Berjaya ist hierbei eher ein großer karger Platz vor einem Hotel. Haltet einfach Ausschau nach den RANAU-Schildern und sprecht die Fahrer an. Je nach Fortbewegungsart kostet das 19-30 Ringgit. Eilige können sich ein Privattaxi für 200 Ringgit nehmen. Die Rückfahrt nach Kota Kinabalu gestaltet sich dann schon etwas schwieriger, wenn man wenig bezahlen möchte. Entweder findet man andere Wanderer mit dem selben Ziel und kann sich ein Privatgefährt teilen, oder man trampt. Es gibt zudem zwar einige wenige Busse, die die Straße nach Kota Kinabalu entlang fahren, allerdings fahren diese nicht nach Fahrplan und es braucht schon etwas Glück, um einen Bus zu erhaschen. Im Zweifelsfall kann man am Eingang des Nationalparks nachfragen.