Lange habe ich gehadert, ob ich Chefchaouen überhaupt besuchen sollte, da die Stadt so gar nicht auf meiner ursprünglich geplanten Route liegt. Die vielen euphorischen Berichte haben mich dann doch bewogen, einen Umweg über den hohen Norden des Landes einzulegen. So viel vorweg: Es hat sich mehr als gelohnt.
Chefchaouen (sprich: Schiffschauen) ist eines dieser städtischen Schmuckstücke, die man nur kennen lernt, wenn man sich ein wenig näher mit dem Land beschäftigt. Ich habe zumindest vor meiner Reise nach Marokko noch nie etwas von der so genannten „blauen Stadt“ im Norden des Landes gehört.
Nachdem mir einige Mitreisende Bilder aus Chefchaouen gezeigt hatten, bin ich hin und weg. Da muss ich hin! Das bedeutet allerdings auch einmal quer durchs Land zu gurken, zumindest von meinem derzeitigen Aufenthaltsort mitten in der Wüste aus. Was soll’s – immerhin kann ich mit dem Nachtbus eine Übernachtung im Hostel sparen.
Draußen prasselt unaufhaltsam der Regen an die Fensterscheiben. Erst am nächsten Morgen lichtet sich der Himmel langsam aber sicher, während sich der Bus durch das Rif-Gebirge windet. Gleichzeitig mit den ersten Sonnenstrahlen zeichnen sich die ersten blau gestrichenen Häuser ab.
Chefchaouen liegt malerisch am Hang eines Berges gelegen. Ein Gang durch die Innenstadt gestaltet sich durch die labyrinthartige Wegführung nicht nur verwirrend, sondern auch mühselig. Davon merke ich aber zunächst kaum etwas, da ich an jeder Ecke staunend stoppe, um eine Fotopause einzulegen.
Pflanzen, Leuchten, bunte Wäsche: Zahlreiche Details schmücken die tiefblau gehaltenen Gassen, deren mittelalterliche Struktur noch bis heute erhalten geblieben ist. Unterstützt wird die Szenerie durch eine Vielzahl von Katzen, denen es hier wirklich fabelhaft zu gehen scheint.
Blau gegen den bösen Blick
Das Blau in den Gassen soll vor dem bösen Blick Schützen und eine friedliche Grundstimmung aufrecht erhalten. Klappt bis heute! Kein Wunder, dass die Stadt in den 1960er und 1970er Jahren eine beliebte Anlaufstelle für Hippies aus aller Welt war – und noch immer ist. Aus diesen Gründen haben sich hier nicht wenige Haschisch-Verkäufer niedergelassen, die die Straßen unsicher machen und in den jungen Touristen das Geschäft ihres Lebens wittern.
Obwohl ich zunächst ein riesiges Touristenaufkommen befürchtet habe, hält sich der Rummel in der Altstadt in Grenzen. Im Gegensatz zu Marrakesch, dass sich der westlichen Welt mit rasanter Geschwindigkeit zu öffnen scheint, ticken die Uhren hier noch ein bisschen langsamer. Die Idylle zieht sich auch außerhalb der Stadtmauern durch: Schon kurz hinter dem Stadttor führen wunderschöne Wanderwege ins Grüne und der Nationalpark Jebel Bouhachem liegt nur einen Steinwurf entfernt.
Für mich hat die Zeit leider nur ausgereicht, um den Hausberg zu besuchen, der einen wunderbaren Blick auf die gemütliche 50.000-Seelen-Stadt gewährt. Nach zwei viel zu kurzen Tagen in Chefchaouen ist der Zauber schon wieder vorbei. Obwohl der Trip in den Norden zwei Nachtbusfahrten erforderte, hat sich dieser Umweg von der klassischen marokkanischen Ost-West-Touristenroute definitiv gelohnt!
