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Barranca del Cobre: Mit El Chepe durch die Kupferschlucht (1)

In einem Land, in dem der Bus als das beliebteste Fortbewegungsmittel gilt, hält die Passagierbahn „Ferrocarril Chihuahua-Pacifico“ – oder kurz „El Chepe“ – als letzte ihrer Art stolz die Fahnen hoch.

Fahrt mit El Chepe
Keine Zivilisation weit und breit.

Zugegeben, es ist verdammt bequem, in Mexiko Bus zu fahren. Die Busse hier sind zuverlässig, bieten Beinfreiheit und haben manchmal sogar W-Lan. Der abenteuerliche Aspekt des Reisens fällt dabei allerdings unter den Tisch. Deshalb war ich Feuer und Flamme, als ich gehört habe, dass es im gesamten Land noch genau eine Zuglinie gibt – die obendrein zu den weltweit schönsten zählen soll.

Rund 2200 Höhenmeter überwindet der Zug namens „El Chepe“ auf der 650 Kilometer langen Route, die durch die Kupferschlucht bis an die Pazifikküste führt. So konnte ich gar nicht anders, als einen Flug in den Norden Mexikos, nach Chihuahua, zu buchen. Von dort aus startet nämlich die Eisenbahn täglich in Richtung Süden.

Die gesamte Strecke lege ich allerdings nicht in der Bahn zurück. Reiseführer und Traveller stimmen überein, dass es die ersten 250 Kilometer von Chihuahua zum Bergdorf Creel kaum etwas Interessantes entlang der Schienen zu sehen gibt. Deshalb kann man nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld sparen, wenn man auf den Bus zurückgreift. Billig ist die Fahrt mit El Chepe nämlich nicht.

Also lande ich mal wieder in einem vertrauten Bus, nachdem ich einige Zeit mit dem Wüstenklima in Chihuahua warm geworden bin. Die Straße bis Creel verläuft mehr oder weniger parallel zu den Schienen und hat außer Sand und Kakteen tatsächlich nicht viel zu bieten. In Vorfreude auf den spannenden Teil der Zugstrecke verbringe ich meine erste Nacht in Creel.

Creel selbst habe ich mir etwas spektakulärer vorgestellt. In der Umgebung gibt es einige nette Wanderwege, bei denen es eindrucksvolle Felsformationen zu entdecken gibt – der Traum eines jeden Geologen. Auch erste Bekanntschaften mit den indigenen Bergvölkchen der Tarahumara kommen hier zustande. Spektakuläre Aussichten lassen jedoch noch auf sich warten.

Tarahumara bei Creel
Gang Colours.
El Chepe Eisenbahn
Am Bahnhof von Creel.

Der richtige Spaß beginnt am Tag darauf an Bord des Zuges, der sich pünktlich auf die Minute schnaufend in Bewegung setzt. Im Inneren von El Chepe gibt es viel Platz, Klimaanlagen und zwischen den Wagons Freiraum zum Frischluft schnappen. Schon nach kurzer Zeit ziehen Wälder, Felder, Schluchten und Flüsse an mir vorbei, während die Bahn immer mehr Höhenmeter gewinnt.

Die erste Bahnstation von Interesse ist Divisadero, einer der höchsten Punkte der Strecke. Hier bekomme ich einen überwältigenden Eindruck von den Ausmaßen der Kupferschlucht, die mit 1800 Metern genau so tief, aber von der Fläche her vier mal größer als der Grand Canyon ist. Glücklicherweise macht der Zug hier eine Fotopause von 15 Minuten. Die Wenigsten steigen hier für längere Zeit aus, auch wenn der nahe gelegene Zipline-Park große Klasse sein soll.

Fahrt mit El Chepe
Wälder fliegen vorbei.
Panorama der Kupferschlucht in Divisadero
Erster Aussichtspunkt.

Nach Divisadero geht es wieder abwärts, quer durch die Kupferschlucht. Ich habe mich entschieden, bis zur Station Bahuichivo zu fahren, um dort eine Anschlussverbindung nach Urique zu erwischen. Urique ist ein winziges Dörfchen mitten im Canyon und vergleichsweise einfach zu erreichen. Perfekt, um dort eine Nacht zu verbringen und die Kupferschlucht etwas näher kennen zu lernen!

Die Fahrt nach Urique hat es jedoch in sich. Die Fahrbahn ist unbefestigt und voller haarsträubender Serpentinen. Zudem ist unser Transportmittel ein museumsreifer Schulbus, dessen Bremsen nicht mehr die besten sind. Zwei mal muss der Fahrer die Kiste anhalten, um zu schauen, ob sich noch alle Teile an ihrem Platz befinden. Die Laune der Mitfahrer schwankt von gelassen bis geschockt. Viele Einheimische nehmen diese Strecke regelmäßig auf sich, wir sind lediglich drei Touristen im Bus.

Die dritte Pause ist einem Aussichtspunkt gewidmet, der uns zeigt, wo der Rest der Fahrt hingeht: Stets bergab. Ich bin zugleich überwältigt und von Angst erfüllt, während ich in weiter Ferne bereits Urique ausmachen kann…tief unten im Canyon. Hoffen wir mal, dass die Karre das mitmacht.

Kupferschlucht Aussichtspunkt
Hier geht es tief runter.
Panorama Kupferschlucht
Im Tal erkennt man bereits Urique.

Irgendwie bringt uns der todesmutige Chauffeur alle heil nach Urique. Dort angekommen werden wir von den anderen Dorfbewohnern mehr als freundlich in Empfang genommen. Hier kennt jeder jeden und es herrscht eine wunderbar ländliche Atmosphäre. Ich weiß am Ende des Tages, dass ich nach solch einem aufregenden Trip mehr als gut schlafen würde und nehme mir vor, mindestens drei Tage hier zu bleiben.

Teil zwei gibt es hier zu lesen: Mit El Chepe durch die Kupferschlucht (2)

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