Südostasiatische Großstädte haben unter Travelern nicht unbedingt den besten Ruf. Die meisten sind laut, voll und unübersichtlich. Für die Hauptstadt von Myanmar möchte ich allerdings eine Lanze brechen: Hat man sich ein wenig an das Chaos gewöhnt, entblättert sich der faszinierende Mikrokosmos dieses Landes an jeder Ecke. Hier sind sechs Gründe für Yangon.
Die Menschen
Keine Frage, Yangon braucht etwas Eingewöhnungszeit. Vom Stressfaktor her unterscheidet sich die Stadt zunächst kaum von Metropolen wie Jakarta oder Manila. Das Besondere liegt jedoch in den Details: Da Myanmar erst vor einigen Jahren seine Grenzen zur Welt aufstoßen konnte, ist die Hauptstadt voller wissbegieriger und aufgeschlossener Menschen. Überall möchten die Burmesen wissen, woher man kommt und wie man heißt. Als Westler ist man in Yangon nach wie vor der absolute Paradiesvogel – aber das ist ja andersherum genau so. Umso schöner, wenn man dann ins Gespräch kommt. Und sollte es mal Verständigungsprobleme geben, werden eben Hände und Füße zum kommunizieren benutzt. Solch aufrichtige Gastfreundschaft habe ich bisher in keinem anderen Land der Welt erlebt.
Was viele nicht wissen: Yangon gehört zu den sichersten Großstädten der Welt. Das liegt nicht nur an der buddhistisch geprägten Gesellschaft, sondern auch an den harten Strafen, etwa für Taschendiebstahl. Zudem habe ich nicht schlecht gestaunt, dass in den offiziellen Myanmar DO’s and DON’Ts for Tourists von der Tourismusbehörde extra darauf hingewiesen wird, dass weibliche Reisende nichts zu befürchten haben müssen.
Die Pagoden
Die meisten Reisenden besuchen Yangon, weil sie sich das größte Heiligtum des Landes, die Shwedagon-Pagode, nicht entgehen lassen möchten. Zum Zeitpunkt unseres Besuches war sie jedoch von einem unansehnlichen Baugerüst umschlossen, sodass wir uns den Eintritt gespart haben. Macht aber nichts, schließlich bietet die Stadt eine Vielzahl weiterer spannender Pagoden. Zu den schönsten zählt die Wizara (Maha Wizaya)-Pagode. Sie ist von innen begehbar und präsentiert an ihren Wänden und der Decke aufwändig gestaltete Naturmotive und Sternbilder. Entlang des Wandelganges im Inneren findet man Miniatur-Pagoden aus allen Teilen des Landes – ideal für einen Überblick über die weiteren Goldstücke der Umgebung. Wer eine kleine Pause vom hektischen Treiben der Stadt benötigt, sollte in die Sule-Pagode gehen. Sie bietet einen wunderbaren Hort der Ruhe inmitten des wuseligsten Verkehrsknotenpunktes der Stadt. An der Außenseite warten Wahrsager nur darauf, die Zukunft aus der Hand zu lesen.
Die Architektur
Yangon atmet noch immer den Geist seiner kolonialen Vergangenheit. Deshalb machen die Straßenzüge voller rustikaler Altbauten einen großen Teil des Flairs aus. Noch immer wird hitzig diskutiert, ob die teils hundertjährigen Gebäude abgerissen oder renoviert werden sollen… Jede Fassade, jede Wohnung und jedes Fenster erzählt eine eigene Geschichte. Bestimmte Ziele sind deshalb schwer auszumachen, „treiben lassen“ lautet hier die Devise. Während etwa die Pansodan Road im Süden mit Prachtbauten protzt, findet man in den Seitenstraßen der Altstadt bewohnte Häuserblöcke, die teilweise schon von der Natur zurückerobert werden.
Die Märkte
Von früh bis spät herrscht geschäftiges Treiben auf den Straßen Yangons. Die Bürgersteige sind so bunt und voller Leben, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Um das alles einzusaugen, lohnt sich ein Besuch des Stadtteils Chinatown. Dort gibt es alle paar Meter etwas zu kaufen, riechen, probieren und staunen. Die überdachten Märkte stehen dem Treiben auf der Straße in nichts nach. Empfehlenswert ist der im ganzen Land bekannte Bogyoke Aung San Market nordöstlich der Sule-Pagode, wo es von Keramik über Technik bis hin zu traditionellen Longyis alles mögliche für Einheimische und Touristen gibt.
Das Essen
Die spannendsten Futtermöglichkeiten befinden sich meistens schon direkt vor der Nase. Ganz gleich ob man Hunger auf die Shan-Nudeln, frisches Naan-Brot oder frittierte Krapfen verspürt, Essensstände und -märkte gibt es in Yangon so gut wie überall. Und man findet garantiert Mahlzeiten, die man zuvor noch nie gesehen hat. Zu den exotischsten kulinarischen Ausflügen gehören sicherlich die Heuschreckensnacks, die in großen Säcken feilgeboten werden…diese schmecken exakt wie knusprige Hähnchenhaut! Ein Barbeque-Paradies ist die 19. Straße in Chinatown. Weitere essentielle Street Food-Leckereien findet man hier.
Die Ringbahn
Das beste zum Schluss: Hat man genug vom urbanen Trubel, kann man sich einfach in die Ringbahn (Circular Train) setzen und drei Stunden lang die Vororte von Yangon vorbeiziehen lassen. Klar, „bequem“ geht anders, wenn man die ganze Zeit auf den Holzbänken hockt, während der Zug schnauft und wackelt. Dafür kostet es fast nichts: Für 45 Kilometer Rundweg wird umgerechnet gerade mal ein Euro fällig. Man kann wohl kaum leichter das Land sehen und gleichzeitig mit den Einheimischen in Kontakt kommen. Los geht’s am Hauptbahnhof auf Gleis 7. Die Tickets gibt es vor Ort am Schalter. Mehr Infos und ein Bild der Streckenführung mit den einzelnen Haltestellen findet man beispielsweise hier.
Da die meisten Myanmar-Trips in Yangon beginnen, sollte man ruhig zwei oder drei Tage investieren, um dort in die burmesische Kultur einzutauchen. Was jedoch immer wieder betont werden muss: Die Militärdikatur hat ihre Spuren im ganzen Land hinterlassen. Noch immer erschwert die Regierung das Leben der Einwohner, weil sie Geld lieber in Waffen als in Bildung investiert. Deshalb sollten Reisende ihr Urlaubsgeld, wenn möglich, nicht in staatlich geförderte Unternehmen (z.B. Hotels, Restaurants, Reiseunternehmen) stecken. Nur in den seltensten Fällen bieten derlei Einrichtungen Vorteile gegenüber Familienunternehmen…eher noch führen sie vom eigentlichen Puls des Landes weg. Und der Staat profitiert bereits so oder so vom Tourismus, etwa durch die Eintrittsgelder bekannter Attraktionen. Spread your wealth wisely!
Zum weiterlesen: Auf der Seite der Heinrich Böll-Stiftung findet man einen interessanten Text über die politische Zukunft von Myanmar.
Wahre Worte und wirklich wunderbare Bilder ! Vielleicht magst du ja auch mal einen Blick auf unsere Berichte werfen ?
http://reise-berichte.at
Liebe Grüße von den Myanmar-Fans Doris und Walter 🙂
Myanmar ist wirklich ein traumhaftes Land. Ich hoffe, demnächst noch ein paar mehr Beiträge darüber zu schreiben. Aber die nächste Reise steht auch schon wieder an ^^
sehr guter Bericht mit tollen Fotos…..Danke
Gruss aus der Schweiz
Werner
Danke für das Lob! Freut mich sehr, wenn es gefällt.
Hey Nilo, cool, dass du auf meinem Blog vorbei geschaut hast 🙂 Du hast hier ja auch echt tolle Berichte und Fotos, ich kann mir das kaum angucken ohne richtig schlimmes Fernweh zu bekommen. Ich finde, dir ist es total gut gelungen die Stimmung in Yangon einzufangen, wie sie wirklich ist. Und der Blick aus dem Fenster mit der aufgehängten Wäsche gegenüber sieht irgendwie genau so aus wie der aus unserem Guesthouse damals 🙂
Liebste Grüße aus Altona, wo es kalt und die Gedanken wieder in der Wärme sind.